Das Restaurant Krishnarpan in Kathmandu hebt das Thema bewusste Ernährung auf ein neues Level. Integriert in ein stark auf Nachhaltigkeit und gesunde Lebensweise fokussiertes Luxushotel, serviert das Restaurant nepalesische Bio-Gängemenüs, deren Zutaten zu großen Teilen aus eigenem Anbau stammen. Als Gast bekommt man ausgiebig Gelegenheit, das Essen kennenzulernen: Fast Food gibt es woanders.
Das Konzept: Slow Food, das den Namen verdient
Das Restaurant Krishnarpan hat sich auf die Fahnen geschrieben, seinen Gästen die verschiedenen Regionen Nepals anhand seiner Küchen nahezubringen. Um das Konzept für internationale Gäste greifbar zu machen, hat das Restaurant seiner Idee den Stempel „Slow Dining“ aufgedrückt – und der ist ganz sicher nicht falsch.
Doch eigentlich steckt hinter dem langsamen, geradezu meditativen Genussritual noch viel mehr: Der Prozess ist an rituelle Mahle angelegt, wie sie die Newari, eine ethnische Gruppe aus der Region Kathmandu, zu besonderen Anlässen einnimmt. An ihrer Tradition orientieren sich auch das Design des Restaurants (und des Hotels) orientiert.
Um den ursprünglichen Wert dieser Mahlzeiten zu betonen, ist im Krishnarpan alles Bio. Die meisten Zutaten stammen sogar aus zwei eigenen Anbauflächen, die das Restaurant in Dhulikhel unweit der Hauptstadt unterhält – v. a. Gemüse, Früchte, Kräuter, Salate. Die traditionelle Komponente wird auch vom Geschirr unterstützt: Das besteht weitestgehend aus traditionellen, reich verzierten Messing- und Tonwaren in opulenten Farben und teils originellen Formen, wie ich sie noch nirgends gesehen habe.
Wie in Nepal üblich sitze ich barfuß auf einem Kissen an einem niedrigen Tisch im Schneidersitz. Ich betreibe aktiv Yoga und habe kein Problem mit dem längeren Sitzen am Boden. Ich bin aber auch 1,92 groß, und die Tische sind selbst in dieser Haltung für mich noch zu niedrig. Generell ist das Essen in dieser Haltung nicht jedermanns Sache – hier aber alternativlos.
Die Location: Verkehrsgünstig in Flughafen-Nähe
Das Krishnarpan in Dwarika’s Hotel, dem teuersten und besten Hotel der Stadt, liegt im äußersten östlichen Zentrum Kathmandus – knapp innerhalb der Ring Road, die das gesamte Zentrum umläuft wie eine Art Stadtgrenze. Die Adresse Battisputali Road ist Luftlinie nur etwa anderthalb Kilometer vom Flughafen entfernt.
In der näheren Umgebung gibt es mehrere Hochschulen, einige Hindu-Tempel und diverse Banken – eine originelle und für die gehobenen Viertel von Kathmandu typische Mischung.
Die Qualität: Dinner à la carte im Test
Im Krishnarpan gibt es ausschließlich Gänge-Menüs – wahlweise mit 6, 12 oder 22 Gängen. Schon daran wird deutlich: Mal eben schnell essen ist hier nicht drin und auch absolut nicht vorgesehen. Ein Dinner im Krishnarpan soll eine besondere, beinahe schon spirituelle Erfahrung sein – bewusstes Essen mit allen Sinnen.
Das ist natürlich auch für das Restaurant eine Herausforderung, denn an eine solche kulinarische Erfahrung gehe ich mit hohen Erwartungen und geschärften Sinnen heran. Ich entscheide mich für das vergleichsweise überschaubare 6-Gänge-Menü. Folgende Gerichte werden mir nacheinander serviert:
Gemischte Hors D’Oeuvres, wie sie bei religiösen Zeremonien gereicht werden
Geröstete Pilze, frittiertes Brot, braune Bohnen mit nepalesischen Gewürzen
Traditionelle nepalesische Hackfleisch-Dumplings, serviert mit Chutney
Gemüsesuppe
Bio-Linsen mit nepalesischen Kräutern gebraten, traditionelles nepalesisches Hähnchencurry mit aromatischen Kräutern und Gewürzen, sautierter Bio-Spinat, gebratene Okra-Schoten, Curry von Bohnen und Taaro-Blättern, eingelegte Bittergurken, hausgemachte eingelegte Pflaumen; dazu gedämpfter Reis
Karottenpudding, frischer Joghurt mit Zimt und Honig, frischer Obstteller
Mit diesem Menü, das können Sie sich vorstellen, war ich eine Weile beschäftigt. Wie in vielen asiatischen Landesküchen üblich, bestehen die Gänge nicht aus einzelnen Gerichten, sondern aus zahlreichen komplementären Bestandteilen, die parallel gegessen werden und für ein sehr abwechslungs- und facettenreiches Geschmackserlebnis sorgen.
So wird die Mahlzeit zu einer kulinarischen Entdeckungsreise, auf der sich Dutzende neue Geschmackseindrücke mit Assoziationen und Erinnerungen vermischen. Das macht das Essen im Krishnarpan tatsächlich zu der intensiven, ja meditativen Erfahrung, die mir versprochen wurde – bewusstes Essen, auf die Spitze getrieben.
Qualitativ ist das Menü über jeden Zweifel erhaben, soweit ich das angesichts der servierten Speisen und ihrer Bestandteile beurteilen kann. Ob das Bio-Versprechen und der weitgehend eigene Anbau der Zutaten zutreffen, konnte ich nicht überprüfen; alle frischen Zutaten sind jedenfalls von bestechender Frische und Reife.
Geschmacklich wird jeder glücklich werden, der auch Freude an den grundsätzlichen Zubereitungsarten indischer und südostasiatischer Küche hat – Currys, Pickles, Chutneys, Wurzelgemüse und Bohnen, Blätter und frittierte Brote. All das enthält das Menü, und vieles wirkt zunächst vertraut. Doch die intensiven, für meine Zunge teils sehr überraschenden Aromen der nepalesischen Kräuter und Gewürze aus eigenem Anbau bleibt bei mir dennoch nach fast jedem Gang der Eindruck hängen, so etwas noch nie gegessen zu haben.
Schmeckt es? Und wie. Fast bereue ich am Ende doch noch, keines der noch üppigeren Menüs geordert zu haben. Nicht, weil ich nicht satt wäre – sondern weil diese immersive kulinarische Erfahrung ruhig noch hätte weitergehen dürfen.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis: Teuer für Nepal, fair im Vergleich
Im Restaurant des teuersten Hotels der Stadt ist ein Dinner mit mindestens 6 Gängen natürlich nicht billig – auch nicht in Nepal.
Es muss klar gesagt werden: Für Kathmandu ist das Krishnarpan eigentlich zu teuer. Für ein Essen bezahlt man hier fast das Doppelte des durchschnittlichen Monatslohns eines Einheimischen. Unter knapp 40 Euro ist kein Menü zu haben.
Da hatten Sie jetzt mit mehr gerechnet? Das sagt einiges über den nepalesischen Durchschnittslohn aus – aber eben auch über den realen Preisvergleich. Klar: An nepalesischen Verhältnissen gemessen, müsste ein gehobenes 6-Gänge-Menü in Paris oder München dann mehrere Tausend Euro kosten, um dieses Preisniveau zu spiegeln. Das ist natürlich absurd. Doch um die 40 Euro für ein sehr hochwertiges Bio-6-Gänge-Menü sind nach internationalen Maßstäben wiederum nicht viel. Wieviel Ihnen diese Erfahrung vor Ort wert ist, liegt bei Ihnen – ich habe es gern bezahlt.
Der Service: Multikulti mit Sprachbarriere
Die Mitarbeiter im Krishnarpan sind ebenfalls Teil des Gesamtkonzepts: Sie repräsentieren die verschiedenen ethnischen Gruppen Nepals, was die kulturelle Erfahrung, die dieses Dinner ohnehin schon darstellt, noch spannender macht.
Alle Kellner und auch der Manager, der mir die Gänge erklärt, sind ausgesprochen freundlich und hilfsbereit. Auch ihr Handwerk beherrschen sie professionell und sind sehr darauf bedacht, das andächtige Ritual Nahrungsaufnahme möglichst wenig zu stören. Auf mich wirkt das beinahe schon ein wenig zu distanziert, doch das ist in Luxus-Hotels in Asien häufig der Fall – wenn auch nicht gerade typisch für Nepal.
Was für mich eine gewisse Hürde darstellt, in Nepal aber auch mehr als anderswo nachvollziehbar ist: Die Angestellten sprechen zwar alle Englisch, teils aber mit so starkem Akzent, dass ich sie kaum verstehe. Das betrifft auch den Manager, mit dem ich am meisten spreche.
Das Fazit: Die Kalorien wert?
Das Krishnarpan ist ein empfehlenswertes kulinarisches Erlebnis für jeden, der entweder die nepalesische Küche oder eine konsequente Slow-Food-Erfahrung zu schätzen weiß. Wer sogar beides mag, wird hier sehr glücklich werden. Die Bio-Kost aus eigenem Anbau ist von ausgezeichneter Qualität. Der gedeckte Tisch ist bei jedem Gang eine Augenweide. Der Service ist professionell, wenn auch nicht sonderlich herzlich. Mir persönlich trüben zwei Nachteile die Erfahrung ein wenig: In einem Hotelrestaurant, das größtenteils internationale Gäste empfängt, wäre eine Alternative zum Sitzen am Boden sicher vielen Gästen willkommen – auch wenn es nicht der Tradition entspricht. Und der recht distanzierte Service mit seinem teils schwer verständlichen Englisch kann für kommunikative Gäste zum Problem werden. Das hohe Preisniveau ist Ansichtssache.
#Wertung
Die Bewertung erfolgt nach subjektiven und zugleich professionellen Gesichtspunkten aus meiner Perspektive als langjähriger Branchen-Insider anhand des Net Promoter Score auf einer Skala von 1 (unwahrscheinlich, dass ich das Unternehmen einem Freund oder Kollegen empfehlen würde) bis 10 (äußerst wahrscheinlich).