Die Digitalisierung verändert unser ganzes Leben. Da ist es nur naheliegend, dass sie auch vor der Hotellerie nicht halt macht. Manche digitalen Ideen der Hoteliers bringen den Kunden tatsächlich einen Nutzen, andere sind einfach nur abgedreht. Die 5 für mich digitalsten Hotels der Welt treiben die digitale Gasterfahrung auf die Spitze: vom Roboter-Rezeptionisten bis hin zum Selfie-Butler.
Henn na Hotel, Nagasaki
Das wohl am radikalsten digitale Hotel der Welt steht – wenig überraschend – in Japan. Im Henn na Hotel gibt es keine sichtbaren Angestellten mehr. Oder vielmehr: keine menschlichen. Stattdessen werden die Gäste von Robotern in Empfang genommen. Eine humanoide Roboterdame kümmert sich um japanisch sprechende Gäste. Wer Englisch spricht, muss sich mit einem äußerst bedrohlich wirkenden Dinosaurier-Roboter auseinandersetzen. Die persönlichen Daten werden über einen Touchscreen eingegeben, bevor ein automatischer Trolley das Gepäck aufs Zimmer bringt.
Dort interagieren die Gäste mit einem Dinosaurier-Ei, indem sich ein sprachgesteuerter Computer verbirgt. Über ihn lassen sich die Beleuchtung, der Fernseher und die Klimaanlage steuern – jedenfalls solange er gute Laune und volle Batterien hat. Statt einem Zimmerschlüssel erhalten die Gäste per Gesichtserkennung Zugang zu ihren Zimmern.
Der Vorteil von soviel Technologie? Kostenersparnis: Nur fürs Bettenmachen und für die Kontrolle der Überwachungskameras braucht das Hotel Personal. Mit letzteren ist das Hotel nur so gespickt – vor allem wohl aus versicherungsrechtlichen Gründen.
Durch den weitgehenden Verzicht auf menschliche Mitarbeiter sind die Zimmerpreise im Henn na Hotel für japanische Verhältnisse besonders günstig. Der Nachteil: Von herzlichem Service gibt es hier weit und breit keine Spur. You get what you pay for: Das Henn-na ist eine lustige Spielerei für Experimentierfreudige, aber ein Alptraum für anspruchsvolle Reisende – Digitalisierung zum Abgewöhnen.
Conrad Hotel, Rangali Island/Malediven
Keine digitale Neuerung hat die Welt des Reisens stärker verändert als Social Media. Egal, wohin die Reise geht: Irgendjemand war schon da und hat Bilder ins Netz gestellt. Wirklich allein reist heute niemand mehr – per Instagram und Co. nehmen wir Familie, Freunde und Follower einfach mit in den Urlaub. Im digitalen Zeitalter ist ein Hotelaufenthalt immer auch eine Bühne für die Selbstinszenierung: Wer keine eindrucksvollen Bilder postet, war gar nicht da.
Genau diese Lust an der Inszenierung hat das zum Hilton-Imperium gehörende Conrad Hotel auf den Malediven auf eine ganz besondere Service-Idee gebracht: Das größte Luxushotel auf den Malediven führt den weltweit ersten „Instagram-Butler“ ein. Er führt die Gäste auf so genannten „Insta-Trails“ über die Insel. Die Routen sind mit perfekten Locations für atemberaubende Schnappschüsse gespickt – vom Strand über das Unterwasser-Restaurant bis hin zum Hotel-Spa. Damit die Bilder auch wirklich alle Daheimgebliebenen vor Neid erblassen lassen, übernimmt der Butler auch gleich das Fotografieren und das Posten der Bilder: Er kennt sich bestens mit der Smartphone-Fototechnik und den verschiedenen Instagram-Filtern aus und verpasst den Posts auch gleich noch die passenden Tags. Sogar bei der passenden Pose berät er die Gäste.
Die Ergebnisse gibt es unter dem Hashtag #ConradMaldives bei Instagram zu bewundern.
NH Collection, Berlin
Auch in Deutschland ist die Digitalisierung des Hotelerlebnisses in vollem Gange. Einen besonders für Business-Gäste spannenden Ansatz bietet das Haus der NH Collection in der Berliner Friedrichstraße.
Tablets, elektronisch gesteuerte Meeting-Technik und riesige Bildschirme sind heute längst nichts Besonderes mehr; Touchscreens, bunte LED-Lichter und modernste Kommunikationstechnik finde ich als Gast heute in fast jedem modernen Hotel. Auch Breitband-Internet, hochwertige Tonanlagen und neueste Beamer-Technologie in Konferenzräumen sind inzwischen eine Selbstverständlichkeit.
Im NH Berlin, wo die digitale Avantgarde und die meisten Start-ups des Landes zu Hause sind, geht die Technologie einen Schritt weiter: Hier sind die Meeting-Räume mit holografischer Technologie ausgestattet. Diese 3D-Projektionstechnik ermöglicht es, Teilnehmer aus der Ferne als Holo-Abbilder live ins Meeting zu holen. Auf dieselbe Weise können die Teilnehmer räumliche digitale Abbilder von Produkten und Konzepten im Raum schweben zu lassen wie einst im Raumschiff Enterprise.
The Yotel, New York City
Der Alltagsnutzen digitaler Technologien steht auch im Yotel in New York im Vordergrund. Gemessen an einem normalen Hotel geht es allerdings auch hier futuristisch zu.
Das Hotel ist im Kapselstil designt, ohne allerdings die beengten Verhältnisse des aus Asien stammenden Trends zu übernehmen. Der Check-In erfolgt an Terminals ähnlich denen, die wir von Flughäfen kennen. Im Gegensatz zum extremen japanischen Ansatz weiter oben in diesem Beitrag gibt es hier allerdings noch einen Front Desk mit menschlichen Mitarbeitern – nur heißt er im Yotel „Mission Control“. Damit bei all den digitalen Technologien in diesem Hotel der herzliche, menschliche Service nicht zu kurz kommt, ist diese „Kommandozentrale“ mit besonders gastorientierten, herzlichen Mitarbeitern besetzt – ein weiterer Unterschied zum minimalistischen, auf Kosteneinsparung geeichten Ansatz im japanischen Henn na Hotel.
Auf den Zimmern geht es dafür umso fortschrittlicher zu: Die Betten sind motorisiert und fahren tagsüber auf Knopfdruck beiseite, um Platz zu sparen. Die Klimaanlage wird von Bewegungsmeldern gesteuert, was Energie spart. Beleuchtet werden die Zimmer von elektronisch gesteuerten Mood Lights in allen Farben des Regenbogens.
Der besondere Stolz von Yotel ist jedoch Yobot, the Robot: Ein Roboter, der Gepäck und Wertsachen automatisiert in Schließfächern verstaut und auch wieder ausgibt.
In manchen Yotel-Hotels gibt es inzwischen sogar einen mobilen Yobot, der Botengänge im Hotel erledigt. Bei einem Aufenthalt im Yotel in Singapur bekam ich es unerwartet mit ihm zu tun: Vor der Zimmertür angekommen rief der drollige Geselle mich auf dem Zimmertelefon an und zwitscherte charmant: „It’s me, honey!“ Als ich die Tür öffnete, stand er mit meiner Bestellung vor mir – und ich staunte nicht schlecht. Nur wo ich ihm sein Trinkgeld hinstecken sollte, erschloss sich mir nicht so ganz …
Das Konzept von Yotel gibt einen Einblick in alltagstaugliche Digitaltechnologien, die wohl in vielen Hotels früher oder später ganz selbstverständlich sein werden – die Zukunft hat gerade erst begonnen.
Analoge Zimmer im 25hours Hotel, Wien/Zürich/Berlin/München
Zu jedem Trend gibt es auch einen Gegentrend. Die Digitalisierung bringt nicht nur immer neue digitale Ideen hervor, sondern auch eine Besinnung auf die guten alten analogen Zeiten.
Zuerst in Wien, inzwischen auch in Zürich, Berlin und München ist daraus das Konzept „analogstes Hotelzimmer der Welt“ entstanden. Integriert in die regulären Häuser der populären Kette 25hours versprühen diese Zimmer den Charme vordigitaler Zeiten. Sie sind gespickt mit Retro-Technologie: analoge Schreibmaschine, Schallplattenspieler, gedruckter (!) Reiseführer, Postkarten für handschriftliche (!) Urlaubsgrüße und eine Polaroid-Kamera für analoge Schnappschüsse.
Damit sich die Gäste zwischen soviel analoger Technik überhaupt noch zurechtfinden, bekommen sie beim Check-in sogar eine Gebrauchsanweisung (auf Papier) überreicht.
Übrigens: Auf WLAN müssen die Gäste auch in den analogsten Hotelzimmern der Welt nicht verzichten. In den deutschen Ablegern der Kette haben anhaltende Gästebeschwerden sogar dafür gesorgt, dass die Röhrenfernseher durch moderne Flachbildschirme ersetzt werden. Retro Living schön und gut – aber bei WLAN und Bundesliga hört der Spaß offenbar auf …