Berlins coolstes Wohnzimmer

Eine grüne Oase mitten in der Hauptstadt: Im Berliner Boutique-Hotel SO/ Berlin Das Stue gehört der Ausblick auf wilde Tiere zur Luxus-Übernachtung dazu. Wer Glück hat, beobachtet hier auch noch den ein oder anderen Promi in freier Wildbahn. Zumindest war das vor der Pandemie so.

Untergebracht in der ehemaligen, denkmalgeschützten dänischen Botschaft aus den späten 30er Jahren mit Blick auf den Berliner Zoo – ist Das Stue kein Geheimtipp mehr, aber definitiv immer noch ein Unikum in der Berliner Hotel-Szene. Mit nur 80 Zimmern gilt es als „Boutique-Hotel“ und die sind auf Fünf-Sterne-Niveau in Berlin bislang eine Seltenheit. Ich bin gespannt, ob das Hotel seinem anspruchsvollen Konzept auch in der Praxis gerecht wird.

Location

Der Trubel der Hauptstadt trifft auf den Blick ins Grüne, die staatsmännisch strenge Fassade auf ein modernes Kunst- und Designkonzept im Inneren und die Überschaubarkeit eines kleinen Hide-Aways auf urbane Berliner Coolness. Dazu kommen zwei moderne Restaurants, das „Cinco“ des spanischen Starkochs Paco Pérez wurde sogar mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, sowie ein Fitness- und Spa-Bereich mit Naturkosmetik-Anwendungen. Damit trifft Das Stue nicht nur den Zeitgeist, sondern auch den Geschmack eines normalerweise  internationalen Publikums, Promis inklusive.

 

Seit 2017 wird Das Stue unter Sofitel geführt und gehört damit zu den Luxury Brands des Accor-Konzerns. Der volle Name lautet seit dem SO/ Berlin Das Stue. Aus meiner Sicht ist der französische Konzern nicht ganz der passende Match für ein Luxus-Hotel mit so starkem Design-Fokus. Auch wenn die wirtschaftliche Perspektive durchaus nachvollziehbar ist, läuft ein Haus eben auch immer Gefahr durch den Übergang in den Konzern ein großes Stück Persönlichkeit und Charme einzubüßen.

Ausstattung

Die Lobby vermittelt mir dennoch sofort ein Gefühl von Großzügigkeit und Eleganz. Hunderte kleine Deckenlampen beleuchten zwei imposante Treppenaufgänge, dahinter kann ich durch die Lounge über Bar und Terrasse direkt bis zum Straußengehege des Berliners Zoos blicken. Zudem gibt es einen eigenen Eingang, der nur Hotelgästen zur Verfügung steht. Das ist nun wirklich Exklusivität auf den Punkt gebracht. Der erste Eindruck überzeugt mich voll und ganz.

 

Der zweite dann jedoch schon nicht mehr. Meine Freude über den unkomplizierten Check-In endet abrupt an meiner Zimmertür. Denn diese kann ich nicht öffnen. Die Schlüsselkarte funktioniert nicht. Das kann passieren, wichtig ist dann aber, wie die Service-Mitarbeiter damit umgehen. Im Das Stue tun sie das leider nicht souverän. Bei konsequenter Orientierung auf die Bedürfnisse des Gastes, müsste mich eigentlich ein Mitarbeiter zum Zimmer begleiten. Denn sollte das Problem der verschlossenen Tür gar nicht an der Karte liegen, würde man mir so die dritte Rückkehr zur Rezeption ersparen. Im Das Stue werden meine Erwartungen in dieser Hinsicht jedoch nicht erfüllt.

Auch das was hinter der im zweiten Anlauf geöffneten Tür liegt, kann mich nicht hundertprozentig überzeugen. Obwohl ich von der Rezeption in eine bessere Zimmerkategorie hoch gestuft wurde, bin ich von der Größe des Zimmers etwas enttäuscht. Der Raum ist ausgesprochen klein und wird komplett vom Bett dominiert. Allein den 3,60 Metern Deckenhöhe ist es zu verdanken, dass die Raumproportionen nicht beklemmend wirken. Um fair zu bleiben: Die Ausstattung ist wirklich überragend. Die verarbeiteten Materialien sind exquisit. Dunkles Parkett und helle Textilien bilden ein harmonisches, elegantes Farbkonzept. Einige Essentials, die in einem Haus dieser Güte Standard sein sollten, fehlen. Darunter beispielsweise Kleiderbürste und Schuhanzieher. Dafür entschädigen andere Annehmlichkeiten wie eine offene Teestation, hochwertige Kosmetikartikel und kleine handgeschriebene Nachrichten. Das ist alles tadellos.

Und doch: Mein Zimmer strengt mich an. Das schönste Ambiente verliert, wenn sich die Lichtschalter nur kompliziert bedienen lassen und ich auf den Knien unter der Heizung nach dem Regler suchen muss. Das WiFi ist schwach und auch der Fernseher bleibt oft hängen. Das Bett dagegen ist phänomenal bequem. Ich schlafe fantastisch und starte ausgeruht in den Tag

Service

Vor dem Hotel nimmt mich der Doorman in Empfang, an der Rezeption werde ich freundlich begrüßt. Dass ich in Eile bin, nimmt die Mitarbeiterin sofort wahr – und reagiert auf meinen offensichtlichen Stress mit effizientem Einchecken in Rekordgeschwindigkeit. Alles Überflüssige wird weggelassen. Unterschrift, Kreditkarte, fertig.

 

Der folgende Tag beginnt für mich mit dem Frühstück. Das Buffet ist ordentlicher Standard. Aber eben auch nicht mehr. Hier würde ich mir mehr wüschen. Mehr Angebot bei Brot, Käse und Aufschnitt. Mehr Liebe zum Detail und mehr Regionales bei der Auswahl. Der Service ist freundlich und gut, macht aber auch Fehler. Es wird weder nach meinem Namen, noch nach der Zimmernummer gefragt. In einem Hotel, in dem das Frühstück nicht automatisch inklusive ist, ist das schwierig.

 

Was mir im Das Stue fehlt, ist die persönliche Ebene. In den rund 48 Stunden, die ich im Haus verbrachte, habe ich nicht ein einziges Mal einen Gastgeber oder Hotel Manager zu Gesicht bekommen. So nimmt sich das Hotel die Chance mich als Gast direkt anzusprechen. Auch der Check-Out fällt gegenüber der wirklich netten Begrüßung extrem ab. Authentische Herzlichkeit kann ich hier nicht spüren. Die Mitarbeiter an der Rezeption geben mir kein gutes Gefühl, stehen nicht auf, wenn sie mit mir sprechen. Bessere Schulung und Anleitung würde hier meines Erachtens das Gesamterlebnis in punkto Service einen großen Schritt nach vorne bringen.

Kunst

Was mich wirklich begeistert ist das großartige Kunstkonzept, das im Das Stue allgegenwärtig ist. Der Mastermind hinter dem modernen Interieur ist die mehrfach ausgezeichnete, spanische Designerin Patricia Urquiola. Sie stellt hier eigenes Design aus und ist gleichzeitig Kuratorin für die erlesenen Objekte im gesamten öffentlichen Bereich des Hauses. Die gezeigten Werke reichen von historisch bis hin zu geradezu skurrilen Stücken. So nehmen mich zum Beispiel in der Lobby direkt eine überdimensionale Krokodilkopf-Skulptur von Quentin Garel sowie eine große Giraffe und zwei Gorillas von Benedetta Mori in Empfang. Dazu gibt es an den Wänden wirklich herausragende Modefotografien von Richard Avedon, Irving Penn oder Henri Cartier-Bresson. Das alles passiert auf sehr angenehme Weise. Die Kunst im Das Stue hat nichts Schweres, nichts über-museales. Die Liebe zur Kunst ist im Das Stue absolut authentisch und keine Angeberei. Alle Objekte integrieren sich unangestrengt in das Gesamtkonzept – als Sitzmöbel, als Lichtquelle oder eben, wie die Tiere in der Lobby, als Brückenschlag zum Zoo direkt vor der Tür.

Anders verhält es sich mit den Mitarbeiter-Oufits. Hinter den Entwürfen steckt das niederländische Designer-Duo Viktor & Rolf. Wer deren Mode kennt, weiß, dass die beiden Enfant Terribles immer wieder mit unkonventionellen Entwürfen für Aufsehen sorgen. Im Das Stue sind mir die Schnitte zu ausgefallen. Teilweise scheinen sie den Mitarbeitern auch gar nicht zu passen. Noch dazu tummeln sich Elefanten, Giraffen und Strauße auf den Uniformen. So viel verspielte Extravaganz muss man mögen – selbst in Zoonähe.

Fazit

Bestnoten fürs Design, Abstriche beim Service. Wer das Individuelle sucht, ist hier richtig. Freigeistern, Künstlern oder Geschäftsreisende, die es ausgefallen mögen, hat das Das Stue viel zu bieten. Und die Lage direkt am Zoo ist einzigartig. Den Service wünsche ich mir jedoch herzlicher, empathischer und stärker auf den Gast fokussiert. Da lässt sich zweifellos an den Stellschrauben drehen.

Meine 3 Lieblingshotels in Berlin

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  • Schlosshotel Berlin
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Copyrights der Bilder: SO/ Berlin Das Stue


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