Thurnher’s Alpenhof: Ski- und Seelenheil

In Alpenhotels, wie nobel sie auch sein mögen, besteht immer eine gewisse Kitsch-Gefahr. Thurnher’s Alpenhof in Zürs am Arlberg (Österreich), ein echtes Traditionshaus, hat mit Klischees nichts am Hut: Hier kommt trotz rustikalem Ambiente kein Hütten-Verdacht auf. BILD- Hotelexperte Carsten K. Rath hat in das familiengeführte Hotel eingecheckt, wurde eingeschneit – und war froh darüber.

Skifahren in den Alpen: Das ist schon immer einer der Höhepunkte des europäischen Lebensstils gewesen. Kenner aus dem In- und Ausland widmen sich diesem Vergnügen schon immer am liebsten in den Schweizer Alpen, in Zermatt oder St. Moritz etwa – denn dort lässt es sich bekanntermaßen gut aushalten.

Arlberg, die größte Ski-Region Österreichs und die siebtgrößte der Welt, ist dagegen eher für ihre Pisten bekannt ist als für ihre Hotels. Dabei hat Arlberg so viel zu bieten: Abfahrts- und Off-Pisten auf Top-Niveau zum Beispiel. Auch an Langlauf-Loipen mit atemberaubendem Ausblick herrscht kein Mangel.

Bleibt die Frage: Gibt es hier auch ein Hotel, das mit den sportlichen Qualitäten mithalten kann? Auf der Suche nach einer Antwort habe ich in Thurnher’s Alpenhof“ in Zürs am Arlberg eingecheckt, dem einzigen „Leading Hotel of the World“ in der Region.

Wie ein Diamant auf seinem Kissen

Thurnhers Alpenhof Ski

Schon bei der Anfahrt bleiben keine Fragen offen, ob man hier als Wintersport-Enthusiast gut aufgehoben ist: Das wunderschöne Chalet liegt mitten in einem spektakulären Skigebiet eingebettet wie ein Diamant auf einem schneeweißen Kissen. Der Alpenhof liegt außerdem direkt zu Füßen der Hexenboden-Bahn: Man fährt praktisch von der Piste ins Hotel hinein.

Zahlreiche weitere Abfahrtspisten wie die Trittkopfbahn und Zürsersee sind nur einen Katzensprung entfernt. Auch Langläufer können haben es von hier aus nicht weit bis ins Paradies: Der 65 Kilometer lange „Run of Fame“ (18.000 Höhenmeter) in Lech etwa ist leicht zu erreichen. Und da der Arlberg eines der schneesichersten Gebiete Europas ist, kann man den Aufenthalt in jedem Fall in vollen Zügen auskosten.

Die großartige Lage hat mit der Geschichte des Hauses zu tun. Der Textilunternehmer Thurnher aus Dornbirn, der das Haus 1964 erbaute, war selbst Wintersport-Enthusiast. Er wollte sich hier ursprünglich sein eigenes, exklusives Feriendomizil für die Wintersaison schaffen. Sein Steuerberater aber schlug vor, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. So entstand die Idee, das Haus als Hotel anzulegen.

Seit acht Jahren wird der Alpenhof nun schon von Dr. Beatrice Zarges geführt, der Tochter des Gründers. Sie wird dabei bis heute von ihrer Vorgängerin auf diesem Posten unterstützt: ihrer Mutter.

Das Hotel ist zutiefst mit der Region verwachsen, seine Klientel dagegen ist international. Im Salon treffe ich auf Amerikaner genauso wie auf Europäer jedweder Herkunft. Spätestens an diesem Punkt schreibe ich jeden Verdacht auf Piefigkeit in den Wind. Der Slogan des Hauses, „Ihr Zuhause in den Bergen“, wird kosmopolitisch interpretiert: Hier fühlt sich zu Hause, wer auf der Welt zu Hause ist.

Anspruchsvoll modernisierte Alpenromantik

Mehr Luxus als die anderen: Dieses Alleinstellungsmerkmal hat in Thurnher’s Alpenhof eine lange Tradition. Bei seiner Eröffnung war das Haus das erste Luxushotel am Ort. Und es war auch das erste Hotel, das jedem Gast sein eigenes Badezimmer bot – bis dahin mussten Reisende am Arlberg sich grundsätzlich mit Etagenbädern begnügen.

Das Haus ist im klassischen Sinne gemütlich, aber alles andere als verstaubt. Das anspruchsvolle Designkonzept ist mit den Jahren gewachsen. Das ist eine erfrischende Abwechslung zu den oft sehr einheitlichen Ketten-Luxushotels. Jeder Raum im Alpenhof hat seinen eigenen Charme. Von der Leinen-Tischdecke bis zu den teuren Orchideen ist alles vom Feinsten und spielt virtuos zusammen.

Dabei überlässt Direktorin Dr. Zarges nichts dem Zufall: Jedes Jahr vor Saison-Eröffnung holt sie einen bekannten französischen Innendesigner aus Bali ins Haus. Gemeinsam dekoriert das eingespielte Team jedes Zimmer und jeden öffentlichen Bereich neu. So haben selbst Stammgäste von Jahr zu Jahr keine Chance, sich satt zu sehen.

Der relativ frisch renovierte Spa-Bereich passt zur Größe des Hauses. Es gibt drei Saunen, ein Dampfbad und auch ein Hallenschwimmbad. Ein augenzwinkerndes Detail: Dem echte Bergpanorama auf der Fensterseite steht ein Strandpanorama in Gemälde-Form auf der anderen Seite des großen Raumes gegenüber; dazwischen plätschert funkelnd der Pool. Der Fitnessraum ist klein, aber sehr gut ausgestattet.

Thurnhers Alpenhof Schwimmbad

Auch kulinarisch vom Feinsten

Feinschmeckern hat die Region Arlberg schon immer einige Highlights zu bieten. Doch es verlangt mir regelrecht Überwindung ab, mich nach Anbruch der Dunkelheit überhaupt auf den Weg zu einem der ebenfalls malerisch gelegenen Restaurants der Gegend zu machen – so gut ist die hauseigene Küche in Thurnhers Alpenhof.

Das abendliche 5-Gänge-Menü ist im Zimmerpreis mit Halbpension enthalten, und es hat auch ohne das offizielle Siegel meiner Meinung nach Sterne-Niveau. Weinliebhaber werden sich außerdem daran erfreuen, mit welchem Geschick die Mitarbeiter Raritäten aus dem hauseigenen Weinkeller passend auswählen und kredenzen.

Das zweite gastronomische Angebot ist Coco‘s Lounge. Hier wird Surf&Turf serviert – verschiedene Variationen von Klassikern wie Filetsteaks mit Shrimps oder Hummer.
Früher war das vergleichsweise kostengünstige Champagner-Angebot für mich immer ein Highlight des Aufenthalts im Alpenhof. Diese Idee wurde inzwischen leider aufgegeben.

Thurnhers Alpenhof Winterwunderland

Gastgeber auf Weltniveau

Vieles spricht für die Klasse von Thurnher’s Alpenhof – aber nichts mehr als der Service. Ich reise spät an einem Freitagabend an – da herrscht in viele Hotels Servicewüste. Hier aber werde ich nicht von einem müden Nachtportier begrüßt, sondern von der Chefin höchstpersönlich und äußerst herzlich.

Als ich mich bei ihr für den späten Empfang bedanke, schüttelt sie lachend den Kopf: Weitere Gäste haben sich noch später angekündigt, und auch die werden persönlich von ihr empfangen – für sie eine Selbstverständlichkeit.

Dieses Hotel wird bei aller Professionalität geführt wie eine persönliche Leidenschaft. Dr. Zarges ist ständig präsent und kümmert sich liebevoll um ihre Gäste. Wie früher hat hier jeder Gast seinen festen Platz und wird ganz selbstverständlich mit Namen angesprochen. Hier sitze ich einmal nicht an Tisch 7, sondern am Tisch von Herrn Rath – das fühlt sich einfach gut an.

Thurnhers Alpenhof Gastgeberin Dr. Beatrice Zarges

Auch die Mitarbeiter sind nicht irgendwer. Der Fitnesstrainer zum Beispiel ist kein geringerer als „Mr. Universe Fitness“ Bernd Österle. Der Alpenhof ist außerdem das einzige Hotel am Arlberg mit einem eigenen Skilehrer. Er führt täglich geführte Touren für die Gäste durch – ohne Aufpreis.

Auch für die ganztägige Kinderbetreuung und den abendliche Stretching-Kurs nach dem Skifahren zahlt man hier nichts extra. Der Kurs wird übrigens von Helmut geleitet, dem Bademeister des Hotels – der nebenbei auch noch Schach-Großmeister ist.

Thurnhers Alpenhof Fitnessstudio

Fazit: Eingeschneit – zum Glück!

In der Nacht vor meiner geplanten Abreise wird Zürs eingeschneit – so schlimm, dass ich nicht abreisen kann. Normalerweise würde ich mich darüber ärgern. Nicht dieses Mal! Thurnher’s Alpenhof ist so, wie er geführt wird: elegant, detailverliebt und herzlich.

Ein „Zuhause in der Ferne“ wollen viele Hotels sein, aber so liebevoll und gleichzeitig professionell setzen das nur wenige um. St. Moritz oder Zermatt habe ich keine Sekunde vermisst. Ich befürchte eher, dass es umgekehrt sein könnte, wenn ich beim nächsten Mal in der Schweiz die Skier auspacke.

Die Wertung auf der Travelgrand-Skala:

  1. Ausdrückliche Reisewarnung
  2. Besser als unter der Brücke
  3. So la-la, nicht O-la-la
  4. Meckern auf hohem Niveau
  5. Wenn’s nur immer so wäre
  6. Ganz großes Kino

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