Jagdhof Spa-Hotel: Noble Hütte im Stubaital

Das Spa-Hotel „Jagdhof“ in Neustift im Tiroler Stubaital ist ein Hotel, wie es nicht mehr viele gibt. Seit 40 Jahren familiengeführt, hält es alte Tugenden hoch – und bietet gleichzeitig die Annehmlichkeiten eines hochmodernen Wellness-Hotels auf Weltniveau. Carsten K. Rath hat eingecheckt. 

Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum es in Hollywood-Filmen so oft Hotelszenen gibt? Es mag damit zu tun haben, dass man gar keine besseren Kulissen bauen kann, als manche Hotels auf der Welt sie bieten. Aber ich habe einen anderen Verdacht. Denn ich glaube, dass die Hotels vielen berühmten Szenen überhaupt erst ihren magischen Glanz verleihen. 

Was wäre mancher James-Bond-Film ohne das sagenhafte Setting in einem glitzernden Hotelcasino gewesen? Und wie romantisch hätten manche von Bonds Liebschaften gewirkt, ohne den Hintergrund einer dekadenten Suite?

Als ich das „Jagdhof Spa-Hotel“ (Mitglied des Relais & Châteaux-Verbundes) im idyllischen, verschneiten Stubaital in 1000 Metern Höhe betrete, habe ich selbst einen kleinen Hollywood-Moment. Denn hier anzukommen ist, wie von diesem besonderen Glanz umhüllt zu werden. Sofort fühle ich mich in diese warme, verführerische Welt hineingezogen, als hätte man nur auf mich gewartet. Vielleicht liegt es an Sandra in ihrem blauen Trachtenkleid, die mir zur Begrüßung ein heißes Tuch reicht; vielleicht liegt es am Licht und am Duft des Holzes.

Konzept

Der „Jagdhof“ verbindet die Vorteile eines luxuriösen Alpenhotels und eines modernen Lifestyle-Hotels. Das Haus thront eindrucksvoll am Berg. Und die Familie Pfurtscheller hat hier in über 40 Jahren ein beachtliches Gesamtkunstwerk geschaffen.

Der Spa-Bereich ist ganze 3000 Quadratmeter groß. Hinzu kommt ein 5000 Quadratmeter großer Garten mit Liegewiese und Pool. Und die „Vitalwelt“ verfügt über 20 Saunen und Dampfbäder. Im Spa-Chalet gibt es Cocooning-Bereiche und eine private, 100 Quadratmeter große Spa-Suite für Paarbehandlungen. Dazu kommt ein separater Bereich für Beauty-Behandlungen.

Spa Bereich Jagdhof

Das Spa-Konzept, das den Kern der Positionierung des „Jagdhofs“ als Spa-Hotel bildet, ist vom Feinsten. Die Frage ist aber: Wie ist all das eingebettet? Fühlt man sich beim Betreten der Behandlungsräume plötzlich in einen balinesischen Tempel oder eine Düsseldorfer Klinik versetzt?

Zum Glück nicht. Denn in keiner Ecke des Wellness-Bereichs geht die wohlig-warme Atmosphäre einer Berghütte verloren. Der Lifestyle-Aspekt und die neueste Spa-Technologie wurden professionell integriert, ohne den Alpen-Charme zu konterkarieren.

Pool Jagdhof

Ausstattung

Wie sieht das Ausstattungskonzept jenseits des Signature-Spa-Bereichs aus? 

Kurz gesagt: beruhigend entspannt. Und was mir am Interieur und den Komfortausstattungen des „Jagdhofs“ besonders gut gefällt, ist die Selbstverständlichkeit. Denn der Luxus ist schon beim Betreten der Räume spürbar, ohne mich anzuspringen. 

Viele Hotels müssen protzen, um eine kostbare Anmutung zu inszenieren. Aber hier hat man das nicht nötig. Denn die Qualität erschließt sich aus der Mischung von feinsten Materialien, vornehmer Zurückhaltung in der Deko und der flüsterleisen Haptik jedes Zentimeters. Die Intarsien und Schnitzereien im ganzen Haus sind feinste Handarbeit. Und der riesige Kamin in der Gaststube ist mit einer echten Barock-Skulpur und einem riesigen Bronzeteller dekoriert und wahrscheinlich der schönste, den ich je gesehen habe.

Die 70 Zimmer – 16 davon Suiten – setzen den extrem hochwertigen und traditionsorientierten Stil nahtlos fort. Und die alten Bauernmöbel, die Holzvertäfelungen, Deckenbalken und Dielenböden aus Fichte und Zirbe, die geschnitzten Betten und gusseisernen Blütenkelch-Nachtlampen, die floralen Vorhänge und die konservativen Farbschemata in jedem der individuell gestalteten Zimmer muss man nicht einmal zwingend schön finden. Denn seiner Gemütlichkeit kann man sich nicht entziehen.

Das alles gibt es ab 181 Euro pro Person inklusive Halbpension. Und in einem der wechselnden, kreativ zusammengestellten Aktionspakete mit Wellness-, Gourmet- und Aktivprogrammen werden auch schnell mehrere Tausend Euro für drei bis vier Nächte daraus. Doch die Pakete sind das auch wirklich wert.

Nur eines stört mich im fast perfekten Berg-Ambiente. Warum hängen im Schrank eines derart hochklassigen Hotels diese schrecklichen, per Schiene im Schrank fixierten Kleiderbügel, die ich nicht herausnehmen kann? Muss man dem Gast aus Angst vor dem einen oder anderen Bügeldiebstahl wirklich diese Möbel gewordene Pauschalverdächtigung zumuten?

Zimmer Jagdhof

Service

Um es kurzzumachen: Der Service ist noch besser als die Ausstattung. Und wer bis hierher gelesen hat, weiß, was das bedeutet. Und ich meine damit nicht einmal die Service-Standards – den Empfang, die Bedienung beim Essen, die Abwicklung von Sonderwünschen und dergleichen. Denn hier sind die etwa 100 Gastgeber des Jagdhofs schlicht genauso gut, wie man es von einem Hotel dieser Kategorie erwartet.

Was mich begeistert, ist der Einfallsreichtum und die Leidenschaft, die Familie Pfurtscheller an den Tag legt, um ihren Gästen ein besonderes Erlebnis zu bieten.

Denn die James-Bond-Metapher kommt nicht von ungefähr. Jeden Donnerstag wird ein „Casino Royale“-Abend veranstaltet, der jedem Bond-Film zur Ehre gereicht. Und das ganz ohne Geld, ganz ohne Einsätze, ganz ohne Gewinne für das Haus, einfach nur zum Vergnügen der Gäste. Und die können übrigens, ganz legal, am Ende sogar etwas gewinnen: eine Flasche vom Haussekt, zum Beispiel.

Gaststube mit Kamin Jagdhof

Die klassischen Luxus-Vergnügungen Alpenreisender werden hier ebenfalls noch im großen Stil zelebriert. Denn auf Wunsch organisieren die Gastgeber die Teilnahme an einer der größten Gamsjagden in Tirol auf 3500 Hektar Grund, der bis 2300 Meter Höhe befahrbar ist und über einen spektakulären Wildbestand verfügt.

Und Hollywood? Kommt tatsächlich zu Besuch, aber nicht nur zum Übernachten. Gerade erst hat das Hotel Personal Trainerin Ramona Braganza aus L.A. eingeflogen, die die Gäste bei einem exklusiven Retreat trainierte. Sie macht sonst Berühmtheiten wie Halle Berry und Jessica Alba fit.

Gastronomie

Geschmortes Backerl vom heimischen-Almochsen

Auch kulinarisch werden im Jagdhof keine halben Sachen gemacht. Und das hauseigene Restaurant „Hubertus Stube“ wurde mit zwei Hauben und 16 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet. Hier geht es zwar nicht ganz so bodenständig zu wie der beinahe schon ironisch urige Name des Restaurants suggeriert, aber auch nicht gerade avantgardistisch. Regionale Zutaten und Wild aus dem eigenen Jagdrevier werden zu dezent kreativer österreichischer Küche verarbeitet.

Direkt nach meiner Ankunft will Maître und Sommelier Karl-Heinz keinesfalls akzeptieren, dass ich mich mit einem Salat vom Buffet zufriedengebe, weil ich keinen großen Hunger habe. „Das kann ich nicht zulassen. Wir haben für Sie Alba-getrüffelte Maultäschle, und als Hauptgang müssen Sie das Federhuhn probieren. Eine kleine Portion muss es wenigstens sein – der Chef hat sich den ganzen Tag darauf gefreut, Sie zu verwöhnen.“ Herzliche Verführungskunst: Das ist es, was ein wirkliches Luxushotel von einem einfach nur hochpreisigen Hotel unterscheidet.

Und das Highlight des Restaurants ist der Weinkeller. Denn er ist einer der besten Österreichs. Und mit 1100 Positionen und etwa 20 000 Flaschen insgesamt wird hier auch der verwöhnteste Kenner anerkennend mit der Zunge schnalzen. Auch an erlesenen Raritäten herrscht kein Mangel. Und wer über umfangreiche Sammlungen von Romanée-Conti und Château Mouton-Rothschild-Weinen verfügt, kann zu Recht von sich behaupten, einige der besten Weine der Welt im Keller zu haben.

Weinkeller Jagdhof

Fazit

Das Jagdhof Spa-Hotel würde mit seiner selbstbewussten, gediegenen Perfektion in einen James-Bond-Film genauso gut passen wie in einen kunstvollen Heimatfilm. Und das ist ein Spagat, den man erst einmal bewältigen muss. Denn Hotels, die mit ihrer Ausstattung und ihren Angeboten prahlen, gibt es viele. Doch der Jagdhof nutzt in seiner Kommunikation stattdessen angenehmes Understatement: von „Behaglichkeit“ und „Wohlwohnen“ ist da die Rede – und das trifft den Nagel auf den Kopf.

So wie dieses Hotel sich präsentiert, so ist es auch: vornehm in jeder Hinsicht. Moderner Lifestyle in traditioneller Hülle mit herzlichem Service und kompromissloser Qualität. Früher war das die Definition von Grand Hotellerie, heute ist es ein Grund zum Jubeln. Und der Jagdhof hat seinen Ruf ganz zurecht: Er ist eine lebende Legende der Tiroler Gastfreundschaft.

Die Wertung auf der Travelgrand-Skala:
1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino


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