So phantastisch es klingt, stimmt es aber tatsächlich: Noch nicht einmal eine halbe Auto-Stunde vom Flugplatz Florenz-Peretola entfernt beginnt mein toskanischer Traum. Es ist beinahe ein Postkartenthema von Zypressenbäumen, mediterranem Flair und den Weinbergen des Chianti.
Inmitten der Olivenhaine und sanften Hügellandschaften findet sich ein imposantes, ockerfarbenes Anwesen, dessen beeindruckend lange Historie ich bereits auf einen ersten Blick erkennen kann. Eine weitläufige Park- und Gartenlandschaft umschließt das ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert stammende Castello del Nero (www.comohotels.com/en/castellodelnero). Und Platz ist hier auf jeden Fall. Schließlich werden von der Fashion-Hotelgruppe „COMO“ mehr als 720 Hektar bewirtschaftet. Die COMO-Hotels sind bei uns zwar noch weitgehend unbekannt, aber meiner Meinung nach eine der besten Hotelgruppen der Welt. Es sind dann auch 80 % amerikanische Gäste, die sich besonders von dem originalen, historischen Ambiente angezogen fühlen. Dafür sind diese Gäste auch bereit, in der Hauptsaison über 1000 $ pro Nacht im Doppelzimmer auszugeben. Zu meinem Erstaunen scheint das Haus allerdings auch vom Gruppentourismus zu leben. Nach meiner Beobachtung war dieser allerdings von ganz besonderer Art: Eine holländische Ferrari-Gruppe und eine deutsche Porsche-Truppe hatten das Castello del Nero zum Ziel ihrer Ausfahrt auserkoren – gleichzeitig, ohne voneinander zu wissen!
Das COMO bietet mehr als nur einfache Unterhaltung: Vom Hubschrauber bis zum Kochkurs wird alles angeboten, was Spaß macht und vom Alltag ablenkt.
Nach einer ansprechenden Tagesplanung gefragt, kann mir das sehr angenehme Personal eine ganze Reihe von Vorschlägen unterbreiten: Angefangen von einem kostenlosen Shuttlebus für Tagesausflüge nach Florenz und Siena über Kochkurse, saisonale Trüffelsuche, Eisherstellung, Wein- und Olivenverkostungen im Keller aus dem 12. Jahrhundert, Touren durch die Weinberge, Helikopter- und Ballonfahrten bis hin zu den zwei Tennisplätzen und Wanderwegen, die sich durch das Anwesen und über seine Grenzen hinaus zum Wandern und Radfahren ziehen. Schließlich sind da noch die terrassenförmig angelegten Gärten und der beheizte Außenpool mit Aussicht über die traumhafte Landschaft.
Das COMO bietet Sterne-Küche, aber auch rustikale Klassiker in der Taverne – zubereitet mit Gemüse und Olivenölen aus eigenem Anbau.
Mein Abend war einem Aufenthalt im Restaurant oder besser in den Restaurants vorbehalten. Auf der Terrasse mit wunderbarem Blick über die Zypressen existiert hier das, was ich mit dem Begriff Fluidum umschreiben möchte: Der Geruch von Rosen, Pinien, Lavendel und Kräutern, der in der Luft liegt, erzeugt ein anderes Lebensgefühl. So könnte für mich durchaus die beste Art zu leben aussehen: Il modo migliore di vivere.
In dem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten La Torre, das sich in den alten Stallungen befindet, werden die rohen Zutaten und Aromen der Toskana mit raffinierten, schmackhaften Interpretationen traditioneller Gerichte auf den Tisch gebracht. Olivenöl aus dem eigenen Anbau kommen hinzu. Gekrönt wird die Verwöhnung mit großartigen Weinen. Wenn es mir dann auch noch heiß serviert werden würde, wäre es großartig. Ein wenig schade!
Das zwanglosere La Taverna befindet sich in den alten Küchen mit knisterndem Feuer samt Bar. Hier genieße ich rustikale toskanische Klassiker wie Pasta al Pomodoro oder Chianina-Steak. In den wärmeren Monaten öffnet das Pavillon-Restaurant im Freien abends und serviert auch Mittagessen und Pool-Snacks. Egal, wo ich gespeist habe – man spürt die tiefe Verbundenheit von Mitarbeitern und Küche zu dieser Landschaft. Bis hin zum Kellner wirkt alles echt und selbstverständlich ist jedes Angebot von höchster Qualität – aber ohne Chichi.
Zimmer und Suiten im luftigen Charme zwangloser Ästhetik
Wie nicht anders zu erwarten, strahlt die gesamte Anlage einen selbstbewussten aristokratischen Charme aus und die in Mailand lebenden Designpäpstin Paola Navone durfte eine helle, luftige, beinahe zwanglose Ästhetik in das Ambiente einbringen. Momente eines reduzierten Luxus zugunsten von schnörkellosem Weiß, Grau, Silber, wässrigem Blau- und mit wogenden weißen Vorhängen. Traditionelle Merkmale wie Holzbalkendecken und Terrakotta-Bodenfliesen werden dabei durch modernere Möbel von italienischen Trendsettern wie Gervasoni akzentuiert. Einfach nur klassische Eleganz.
Dieses besondere Flair wurde von der Hotelchefin angeregt: In Geschmacksfragen halten es die Singapurer Hotelière Christina Ong und ihre Tochter Melissa wie einst Oscar Wilde: ganz einfach nur mit dem Besten zufrieden sein. Mit den weltweit bewirtschafteten Hotels und Ressorts ihrer Gruppe COMO (der Name setzt sich aus ihren Initialen CO und denen ihrer Tochter Melissa Ong MO zusammen) definieren die beiden luxusaffinen Damen Sterne-Hotellerie auf eine sehr zeitgemäße Art: Reduktion auf das Wesentliche, dafür das wenige vom Feinsten. Protz oder gar Blattgold sucht man dann auch im Castello del Nero vergebens.
Es gibt 50 Zimmer, die sowohl im Hauptschloss als auch in seinen Nebengebäuden und Innenhöfen verstreut sind – dabei sind keine zwei gleich. Die 16 Zimmer im Schloss, darunter Suiten mit Fresken und Antiquitäten aus dem 18. Jahrhundert, sind die großartigsten.
Das Frühstück war, wie nicht anders zu erwarten – schlicht und einfach: erlesen. Alles vom Feinsten bis hin zur handgepflückten und ebenso geputzten Erdbeere.
Weiter geht es in den Süden der Toskana – und diesmal nur eine Auto-Stunde von der Hauptstadt entfernt. Das Locanda Rossa (www.locandarossa.com) ist eher etwas für die Europäer und damit auch für mich. Zwar nehmen beide Hotels die Sehnsüchte der Toskanafreunde auf, sie könnten aber unterschiedlicher nicht sein und sich trotzdem begegnen.
Malerische Landschaft mit 3800 uralten Olivenbäumen
In die Landschaft der maremmischen Hügel habe ich mich sofort verliebt. Weit ab vom Trubel der Stadt, geht es hier nur darum, zur Ruhe zu kommen. Sicherlich auch ein Grund, warum sich die Elite der römischen Gesellschaft hier ihre Privathäuser bauen ließ. Zu sehen war allerdings niemand – zu erkennen gegeben hätte sich aber sicherlich auch niemand.
Das „Rosa Landhaus“ hält was der Name verspricht: Nett bis bezaubernd – ein Kleinod. Ein echter Garten Eden voller Rosen und alten Olivenbäumen wie aus dem Bilderbuch. Es sollen 3800 Exemplare sein! Einfach malerisch. Der kleine Hotelkomplex des Locanda Rossa ist förmlich in einen kleinen Hügel hineingewachsen. Rustikal, ja – aber der Luxus wurde auch nicht vergessen: Tennisplätze und zwei Swimmingpools sprechen dafür.
Warmen Farben und weiche Stoffe schaffen ein elegantes, legeres Ambiente
Der erste Blick auf das Anwesen überrascht, denn es empfängt mich ein kräftiges, dunkles, sattes ochsenblutrot. Die Locanda Rossa ist kein Hotel im herkömmlichen Sinne, sondern eine planvoll gestaltete Architektur-Landschaft von Zimmern, Suiten und vier frei stehenden Villen. Mit viel Liebe zum Detail wurde das gesamte Anwesen unter den renommierten Architekten Tommaso Ziffer und Paolo Pejrone restauriert. Im Ergebnis ist eine Mischung aus traditionellem und modernem Stil entstanden, die ein elegantes und dennoch legeres Ambiente vermittelt. Es ist schwer zu schaffen, eine solche Atmosphäre zu erzeugen – hier hat es absolut geklappt.
Die Interieurs wurden von den Eigentümern persönlich und sehr liebevoll zusammengefügt, sodass ein vier Sterne-Niveau völlig gerechtfertigt erscheint. Derzeit befindet man sich auf dem ambitionierten Weg zum fünften Stern. Wirklich schwer wird diese Zertifizierung nicht werden, denn das Rossa kann noch weiter punkten – mit den Stränden von Chiarone, die sich in der Nähe befinden, und dem dortigen Restorante La Dogana Capalbio in der Via Graticciaia (www.ladoganacapalbio.it). Dieses Restaurant hat tatsächlich eine erstaunliche Entwicklung gezeigt: In den letzten Jahren ist aus dem mittelalterlichen Zollhaus (deshalb der Name des Restaurants) und einer ehemaligen Bretterbude, die noch in jüngster Vergangenheit von den Besuchern eines in der Nähe befindlichen Campingplatzes frequentiert wurde, ein fantastisches Fisch-Restaurant mit einer exzellenten Weinkarte gewachsen. Kulinarische Spitzenleistungen und vor allem eine wunderbare Lage mit Tischen und einem direktem Blick aufs Meer!
Entspannung pur: Strand und Restaurant mit verglaster Lounge
Im Restaurant Larossa sitzen und die Welt vergessen ist mein purer Lebensluxus – egal, ob an einem der bis unmittelbar am Meer stehenden Tische oder in der verglasten Lounge. Die Speisenkarte variiert – je nach Verfügbarkeit der lokal erzeugten Produkte. Eine Tatsache, die absolut für die Qualität und natürlich auch für die Nachhaltigkeit der Erzeugung spricht.
Apropos Ökologie: Um die Locanda Rossa herum wurde ein Obst- und Gemüsegarten angelegt, aus dem sich die Gäste bedienen können. Körbchen stehen dafür in den Zimmern bereit.
Es fällt mir tatsächlich schwer, vom Locanda Rossa und seinem Strand abzureisen. Eine echte Empfehlung für eine Reise in den äußersten Süden der Toskana.