Auf Kreta bekommen Gäste, was sie suchen: herzliche Gastfreundschaft, gutes Essen und zwei wunderbare Hotels mit dem gewissen Extra an Luxus.
Kreta gilt als die Familienantwort auf die Insel Mykonos. Während auf Mykonos die Schönen und Reichen feiern, ist Kreta eher gediegen, anständig und familiär. Dies gilt auch für den Bezirk Elounda, im Nordosten Kretas am Golf von Mirabello gelegen, der sich in den vergangenen Jahren recht gut entwickelt hat.
Von hochpreisigen Six-Senses-Häusern bis hin zu günstigen TUI-Hotels gibt es hier mittlerweile eine schöne Auswahl für alle Reisenden. Ich habe mich bei meinem Besuch auf Kreta für zwei Hotels in Elounda entschieden, die etwa in der Mitte der örtlichen Preisskala liegen: das Hotel Blue Palace und das Hotel Cayo.
Hotel Blue Palace
Mein erster Check-in ist im Hotel Blue Palace, 15 Kilometer nördlich der Bezirkshauptstadt Agios Nikolaos, die unbedingt einen Besuch wert ist, und 60 Kilometer östlich des kretischen Flughafens Heraklion gelegen. Ein exklusives Hideaway am Strand mit einem tollen Blick über die Bucht, hinüber zur berühmten Felseninsel Spinalonga.
Dieses Hotel ist ein echtes Phänomen – auf mehreren Ebenen. Trotz der Größe ist es sehr individuell: Jeder Mitarbeiter, von Maria im Restaurant bis zu José, dem Concierge, vermittelt mir durchgehend das Gefühl, an erster Stelle zu stehen. Außerdem – und das ist für mich einer der wohl wesentlichsten Faktoren von echtem Luxus – gehört Großzügigkeit hier zur Philosophie: Der tägliche Schuhputzservice ist selbstverständlich.
Wer möchte, kann bis zu vier Wäschestücke pro Aufenthalt kostenfrei waschen lassen. Netflix und Amazon Prime sind inklusive. Die Minibar, in der sich neben Wein und Champagner auch Whisky und Baileys befinden, wird täglich kostenfrei aufgefüllt.
Zudem bekomme ich 150 Euro als Resort-Credit gutgeschrieben, um beispielsweise Mittagessen gehen zu können oder an den morgendlichen Yogastunden am Meer teilzunehmen. Selbst die Amenities im Bad fallen großzügiger aus als andernorts – statt winziger Fläschchen gibt es hier Shampoo und Duschgel in 150 ml-Flaschen. All dies empfinde ich als wahren Luxus.
Die Lage des Blue Palace ist ebenso exzellent wie die Qualität der Ausstattung. Die Vielfalt und Authentizität der Restaurants beeindrucken mich: Es gibt zwei griechische Restaurants, ein italienisches, ein japanisches, eine Lounge Bar, einen Beach Club und ein Buffet-Restaurant für das Frühstück.
Am ersten Abend besuche ich das japanische Restaurant und habe sofort das Gefühl, in Tokio zu sein. Die Qualität der Speisen, wie sie angerichtet und serviert werden – absolut authentisch. Leonidas Sifakis, Leiter des japanischen Restaurants und Sommelier für das ganze Hotel, empfiehlt mir einen griechischen Wein. Er erklärt mir, was er sich bei seinem Vorschlag gedacht hat und was man über griechische Traubensorten generell wissen muss. Gleichzeitig lässt er mich aber auch wissen, welche anderen passenden Weine er noch im Keller hat.
Leonidas ist eindeutig der Sache verpflichtet. Dieser Sommelier möchte nicht nur griechische Weine pushen, weil wir hier in Griechenland sind. Ich bin begeistert.
Der nächste Abend, den ich im zweiten griechischen Restaurant direkt am Meer verbringe, wird für mich zum Nukleus dieses Hotels. Die Atmosphäre, die hier aus sich heraus entsteht, steht beispielhaft für das ganze Haus: Nach dem Auftritt einer Tanzgruppe kommt der Küchenchef heraus, um den Gästen seine Speisen zu erläutern. Die Menschen essen, lachen. Und plötzlich ändert sich die Stimmung. Die ersten Gäste stehen auf, beginnen zu tanzen. Aber sie tun es nicht, weil sie, wie etwa in einem Robinson Club, dazu animiert werden. Es entsteht eine natürliche Symbiose zwischen der Tanzgruppe, dem Personal und den Gästen.
Und dann fließt der Ouzo, den die Kellner großzügig ausschenken. „Yamas“ überall. Jetzt ist Party. Was in Restaurants in Berlin und andernorts versucht wird, künstlich zu kreieren, entsteht hier spontan und ganz natürlich. Diese aus tiefstem Herzen kommende Gastfreundschaft habe ich nirgendwo auf der Welt so intensiv erlebt wie hier im Blue Palace. Selbstverständlich ist das Hotel professionell und wie überall findet man auch hier etwas zu meckern. Aber diese echte, natürliche Gastfreundschaft macht den Unterschied.
Und dann ist da noch Niki, die Hostess. Abends ist sie im griechischen Restaurant, morgens beim Frühstück. Dazwischen am Meer, im Spa und im Haus unterwegs. Niki ist der Klebstoff, aus dem hier die Beziehungen sind. Sie macht Spa-Reservierungen für den nächsten Tag, ist Entertainerin. Zeitgleich sorgt sie dafür, dass die Autos da sind, wenn jemand vom Strand zurück in seine Suite möchte. Niki ist einfach immer genau da, wo sie gerade gebraucht wird. Für mich der Superstar in diesem Hotel. Ohne sie hätte ich mich vermutlich nur halb so wohl gefühlt.
Das Blue Palace ist ein Haus, in das man sich sofort verliebt. Aber nichts ist perfekt, wenn es nicht auch eine kleine Kritik am Rande gibt: Im Spa wurde meine gebuchte Behandlung vergessen. Das kann natürlich passieren, aber in diesem Fall gefällt mir der Umgang damit nicht, er passt einfach nicht zum Rest im Haus. Dafür macht das Housekeeping einen exzellenten Job und putzt mit viel Akribie die großen Suiten – alles ist wunderbar sauber.
Raths Reiserating:
1.Ausdrückliche Reisewarnung
2.Besser als unter der Brücke
3.SO LALA, NICHT OH, LÀ, LÀ
4.Meckern auf hohem Niveau
5.Wenn’s nur immer so wäre
6.Ganz großes Kino
Hotel Cayo
So schwer es mir fällt, Niki, Leonidas und Marie zu verlassen, am nächsten Tag ziehe ich 1500 Meter weiter ins Hotel Cayo. Eigentlich wurde dieses Haus schon vor drei Jahren neu eröffnet. Doch auf Grund der Pandemie stand es nun fast zwei Jahre leer. Der Eigentümer ist ein griechischer Bauunternehmer, und das merkt man schnell. Hier wurde nicht nur bioklimatisch, sondern auch sehr effizient gebaut.
Sämtliche Zimmer des am Hang liegenden Hotels sind zum Meer hin ausgerichtet. Jedes hat einen kleinen privaten Pool sowie eine schöne Terrasse, von der aus ich über die Bucht hinüber nach Spinalonga blicke. Das Haus versteht sich selbst als Luxus-Boutique-Hotel, das vor allem für Paare geeignet ist. Ich als Insider erkenne hier allerdings nur ein Boutique-Hotel, auch wenn die Zimmer mit eigenen Pools natürlich einen gewissen Luxus-Charakter bieten.
Übrigens: Jeder dieser kleinen Pools wird auf 26 Grad erwärmt. Ob das angesichts der Klimakatastrophe notwendig ist? In Spanien gibt es aus diesem Grund seit einigen Jahren ein Gesetz, das den Einbau von Poolheizungen verbietet. Immerhin übernehmen die Sonnenkollektoren im Hotel Cayo rund 60 Prozent der benötigten Energie für die Beheizung der Pools.
Hinunter ans Meer führt ein steiler Weg. Glücklicherweise gibt es aber auch zwei Glasaufzüge. Zusätzlicher Vorteil für mich: Ich kann dem starken Wind entfliehen. Dass Kreta windig ist, weiß ich noch aus meiner Zeit als CEO für Robinson, als ich öfter auf der griechischen Insel zu Besuch war. Heute pustet der griechische Windgott Aiolos – ganz offensichtlich mit der Unterstützung seiner zwölf Kinder – heftige Orkanböen über das Meer. Da habe selbst ich als ausgewachsener Mann Schwierigkeiten, aufrecht gehend zum Strand und zum Boot für meinen Ausflug nach Spinalonga zu kommen.
Die unbewohnte Felseninsel Spinalonga liegt etwa 20 Bootsminuten vor Elounda im Meer. Im 16. Jahrhundert errichteten die Venezianer hier eine große Seefestung, um den wirtschaftlich so wichtigen Salzexport vor Piraten zu schützen. Erst im Jahr 1715 eroberten die Osmanen die Insel und errichteten eine militärische Siedlung. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden französische Truppen auf der Insel stationiert und die meisten noch verbliebenen muslimischen Familien zogen weg.
1903 schließlich entdeckte der Staat die Insel und errichtete hier, abseits der Gesellschaft, eine Station für Leprakranke. Bis zu 300 Patienten lebten zu Hochzeiten auf Spinalonga. Und obwohl es bereits 1948 Medikamente zur Heilung von Lepra gab, verließ der letzte Kranke erst im Jahr 1957 die letzte Leprakolonie Europas. Danach blieb die Insel unbewohnt, die Gebäude wurden geplündert und verfielen. Erst seit 1970 können Touristen die mittlerweile restaurierte Festung und die Gebäude besichtigen.
Zurück im Hotel besuche ich den Wellness-Bereich. Tatsächlich liegt der Fokus des Hotel Cayo nach eigenen Aussagen auf dem Spa, was mich etwas überrascht. Denn dieser ist mit nur einer Sauna und einem Dampfbad für ein Haus mit immerhin 70 Zimmern doch recht klein geraten. Außerdem gibt es nur eine einzige Umkleide für alle Gäste. Das finde ich etwas unglücklich gelöst. Das Fitnesscenter bietet neben einem Training an Cardiogeräten auch Geräte für Kraftübungen. Leider fehlt mir aber auch hier etwas Platz – für mein Stretching.
Überall im Hotel erkenne ich Bezüge aus der ganzen Welt – Holz aus Bali, Waschbecken aus Indonesien, Stoffe aus Malaysia. Das könnte ein wildes Sammelsurium ergeben. Doch ich habe nicht das Gefühl, dass die Dinge nur wahllos zusammengestellt wurden, die Mischung kommt sehr elegant daher.
„Wir kümmern uns um jeden und alles“, sagt mir der Hotelmanager. Und das kann ich nur bestätigen. Der Service ist perfekt. Und effektiv. Nicht nur in den Restaurants. Das erstaunt mich im ersten Moment, da sich der griechische Service normalerweise vor allem durch seine Herzlichkeit und Freundlichkeit auszeichnet und weniger durch Effektivität.
Hier ist das anders. Ich bemerke das bereits am ersten Tag: Als ich – immerhin um halb zehn an einem Sonntagabend – nach zwei anderen Kissen frage, kommt bereits drei Minuten später jemand und erfüllt mir meinen Wunsch. Dieses Service-Verständnis habe ich im Süden Europas tatsächlich selten erlebt.
Für das leibliche Wohl gibt es im Hotel Cayo vier Optionen: das Pool-Restaurant „Sage & Thyme“, die Taverne „Stone Beach by Cayo“ am Meer, das Buffet-Restaurant „Ambrosia“ für Halbpensions-Gäste und fürs Frühstück sowie das Gourmetrestaurant „Kelari“. Küchenpatron des Kelari ist Lefteris Lazarou, ein Zwei-Sterne-Koch mit einem Restaurant in Athen. Seine Rezepte vermitteln hier ein Sterneküche-Gefühl, auch wenn der Koch selbst nicht in der Küche steht.
Ab und zu kommt er aus Athen auf die Insel, um die Karte und die Qualität der Speisen zu überprüfen. Sein Essen gefällt mir jedenfalls sehr gut. Zur Vorspeise empfiehlt mir die Kellnerin die Rotbarbe. Zugleich erwähnt sie aber auch die Lieblingsvorspeise des Küchenchefs, den Wolfsbarsch. Ich bestelle beides und – gebe dem Küchenchef recht.
Als Hauptspeise entscheide ich mich für die Meerbrasse, möchte aber statt der auf der Karte stehenden Rote Beete als Beilage lieber eine Alternative. Eine Herausforderung für die Küche, schließlich sind die Gerichte entsprechend vorbereitet. Alles ist vom Athener Küchenchef genau rezeptiert, jeder Handgriff exakt beschrieben, da kann ein Extrawunsch schon mal die Abläufe durcheinanderbringen. Doch der lokale Küchenchef löst das Problem sehr gut und serviert mir eine Artischockencreme und ein fein abgeschmecktes Möhren-Erbsen-Pürree zum Fisch. Passt super. Alle drei gekosteten Fische sind recht salzig, handfest möchte man sagen, eben sehr griechisch. Ich mag das.
Beim Frühstück am nächsten Morgen bin ich positiv überrascht. Die feine Auswahl der Speisen ist nicht auf Masse getrimmt, sondern dem Boutique-Charakter angepasst. Es gibt viel Obst, sogar Himbeeren, Brombeeren und Blaubeeren. Da es mir fürs Frühstück draußen zu windig ist, bleibe ich drinnen und genieße dort die schön designte Atmosphäre des Hotels.
Raths Reiserating:
1.Ausdrückliche Reisewarnung
2.Besser als unter der Brücke
3.SO LALA, NICHT OH, LÀ, LÀ
4.Meckern auf hohem Niveau
5.Wenn’s nur immer so wäre
6.Ganz großes Kino
Insidertipps:
Ausflug: Die Felseninsel Spinalonga bietet über 500 Jahre spannende, aufregende und auch berührende Geschichte.
Joggingstrecke: Der Weg hinunter ans Meer Richtung Elounda bietet die beste Möglichkeit für ein sehr intensives Cardiotraining.
Souvenirs: Olivenöl sollte man unbedingt mitnehmen, wenn man auf Kreta ist.