Wenig Auge fürs Detail: Vom Wasserturmhotel in Köln hatte sich unser Hoteltester nach dem Neustart mehr erwartet.
„Ein Hotel, so einzigartig wie seine Gäste“; „authentische Kölner Herzlichkeit“; „ein Hotelerlebnis der anderen Art“ – so wirbt die selbst ernannte „neu interpretierte Kölner Ikone“ auf der Website um Gäste in der Rheinmetropole. Mir bleibt dabei leicht der Atem stocken. Allerdings nur, weil ich der letzten Aussage unverblümt zustimme. Denn ein Hotelerlebnis der anderen Art hatte ich bei meinem Aufenthalt im Wasserturm Hotel Cologne, einem Haus aus der Curio Collection Hilton, auf ganzer Linie.
Allerdings vermutlich ganz anders, als es sich die Betreiber des Hotels vorstellen. Und das vom Check-in über den Roomservice bis hin zur Zimmerausstattung. Eine Erfahrung, die am Ende auch ein besonders eindrucksvolles Highlight nicht zum Positiven wenden kann.
Doch von vorn. Der Weg des Hotelbetriebs im Wasserturm Köln war in den vergangenen Jahren ein holpriger. Nachdem 2018 nach mehr als 28-jähriger Inhabergeschichte der Hotel im Wasserturm GmbH die Vicus Group AG Eigentümer wurde und quasi über Nacht an Travel24 übergab, folgte eine Reihe von Pleiten, Pech und Pannen. Am Ende stand eine Insolvenz und die Schließung im Jahr 2020.
Doch im Sommer 2021 dann der Neustart: Die GCH Hotelgroup, die europaweit als Franchisenehmer für große Ketten 120 Häuser managt, übernahm. Im Dezember folgte dann die große Eröffnung mit medialen Pauken und Trompeten, eine Zeitung titelte: „Im Wasserturm läuft’s wieder rund.“ Angeknüpft werden sollte an die erfolgreichen Zeiten, in denen Brad Pitt, Robbie Williams oder gar die Rolling Stones hier genächtigt haben sollen.
Meine Erwartungen also: hoch. Doch bereits beim Check-in wird meine Stimmung gedämpft, denn ein herzlicher Empfang sieht anders aus. Generell fühle ich mich als Gast eher wie ein Fremdkörper, denn eine nette Begrüßung, Erklärungen zum Hotel selbst, zum Konzept oder einfach nur der Weg zum Zimmer gehören hier offenbar nicht zum Standard. Hier ist also Eigeninitiative gefragt. So mache ich mich auf den Weg in den achten Stock durch die komplett renovierten Wasserturmgänge und -räume.
Es geht vorbei an angeschrammten Wänden und zerkratzten Türen durch ein dadurch insgesamt etwas mitgenommen wirkendes Ambiente. Es kann also eigentlich nur besser werden, denn mein Zimmer verspricht laut Homepage „eine ganze Reihe von Annehmlichkeiten“. In der Auffassung der Betreiber umfasst diese ganze Reihe scheinbar: Bett, TV, Schrank. Spartanisch. So auf jeden Fall mein erster Eindruck, als ich das circa 20 Quadratmeter große Zimmer betrete. Die Kosten zwischen 200 und 250 Euro pro Nacht sind recht üppig, in diesem Preissegment könnte man mehr Liebe zum Detail erwarten.
Acht telefonische Versuche an der Rezeption
Schnell ist klar: Ich will erst mal durchatmen. Das ginge ganz wunderbar auf dem zimmereigenen Balkon mit tollem Ausblick über Köln, doch die Tür ist abgeschlossen. Außer Kippfunktion lässt sich hier nichts machen. Der Fernseher könnte eine gute Ablenkung sein, doch er ist derart unpraktisch platziert, dass ich vom Bett aus nur in Schräglage entspannt fernsehen könnte. Ein Schwenkarm hätte das Problem schnell gelöst, Cleverness sieht definitiv anders aus.
Schließlich finde ich das hoteleigene Menü, das in der Lounge und im Zimmer serviert wird. Trüffelpasta, Rumpsteak, Lachs, gegrillte Avocado – klingt übersichtlich, aber dennoch nach Optionen für jeden Geschmack. Richtig Appetit hat mir die Auswahl jedoch nicht gemacht, aber ein Glas Wein hätte ich gern. Mein Versuch, telefonisch meine Bestellung an der Rezeption durchzugegeben, treibt meinen Blutdruck langsam Richtung Spitze. Geschlagene acht Mal versuche ich, jemanden an die Strippe zu kriegen. Aber vergeblich – dabei könnte es sich doch bei jedem Anruf auch um einen Notfall handeln.
Dass hier so lapidar mit den Bedürfnissen der Gäste umgegangen wird, schockiert mich. Letztlich findet meine Bestellung nach langem Warten am anderen Ende der Leitung doch noch Gehör, auch wenn ich weder namentlich begrüßt werde noch, trotz zweifacher Nachfrage, den Namen des Hotelmitarbeiters erfahren kann. Ich spreche also mit „Herrn Rezeption“ und erhalte kurze Zeit später ein liebloses Tablett mit einem Glas Wein für neun Euro, ohne nette Geste, Blümchen oder Ähnliches. Dafür werden mir zusätzlich acht Euro Roomservice berechnet. Ohne Worte. Der Wein mundet dann immerhin und besänftigt mich.
Etwas später ist mir nach Bewegung, ich suche den hauseigenen Fitnessraum auf, der wirklich toll, modern und völlig ausreichend ausgestattet ist. So macht Hotelfitness Spaß. Ein darauffolgender Saunabesuch bleibt mir allerdings verwehrt, denn die Öffnungszeiten sind weniger komfortabel.
Zurück auf dem Zimmer steige ich in meine „Walk-in-Shower“, die ein wenig das Gefühl von Platzangst in mir aufsteigen lässt. Das Bad ist winzig klein, auch hier fehlt es an liebevoller Dekoration und Ausstattung. Bademantel und Slipper suche ich ebenfalls vergeblich, also lieber schnell raus aus dieser doch sehr kahlen Umgebung. Da der Fußweg in die Innenstadt sehr weit ist, versuche ich, mich in der Lounge zu entspannen – die Gestaltung macht’s möglich. Stilvolle Möbel und angenehme Farben, interessante Kunst, eine vielfältige Buchauswahl vom Taschen-Verlag – aber weit und breit niemand, der mit mir ins Gespräch kommen möchte. Keiner der drei Rezeptionisten schenkt mir Aufmerksamkeit, niemand erklärt zum Beispiel, ob die verschiedenen Kaffee- und Wasserstationen zur freien Benutzung sind.
Also gilt es weiterzuziehen. Die hauseigene Bar soll ein echtes Highlight sein und befindet sich auf dem Dach des Wasserturms, ein Cocktail zum Tagesausklang ist nun genau das Richtige. Angekommen auf dem Rooftop, bleibt mir nur eines zu sagen: wow! Die Bar mit Außenbereich (im Winter geschlossen) bietet einen atemberaubenden Blick über Köln, der DJ im Innenbereich heizt der Menge ein. Die Gäste sind bestens gelaunt und können sich über eine Auswahl an Drinks freuen, die wirklich keine Wünsche offen lässt. Die Cocktails sind super gemixt, geschmacklich top und im Look perfekt. Die Barkeeper versprühen Freude und haben sichtlich Spaß an ihrem Job. So geht Nightlife, Chapeau!
Für eine kurze Zeit vergesse ich die verschiedenen Ärgernisse des Tages und freue mich langsam auf mein Bett. Der Einstieg in die Nacht bietet ein neues Abenteuer, denn die Logik der Aircondition erschließt sich mir nicht. Bei mehr als 300 Hotelübernachtungen im Jahr spreche ich mir selbst einige Kompetenz und ein nahezu vollumfassendes Wissen über jede Art von Hotelklimaanlage zu – aber hier scheitere ich. Die Aircondition läuft letztlich zwar angenehm leise, aber die Temperatureinstellung ist schlichtweg unmöglich. Eine Flasche Wasser für die Nacht finde ich noch in der spärlich ausgestatteten Minibar. Die Nacht war schließlich angenehm ruhig, Umgebungsgeräusche dringen kaum ins Zimmer vor.
Am nächsten Morgen freue ich mich aufs Frühstück, doch auch hier zieht sich der rote Faden in puncto „Aufmerksamkeit Fehlanzeige“ durch. Gehört vielleicht zum Konzept, das mir aber immer noch niemand nähergebracht hat. Ich werde vom Personal am Tisch nach meiner Zimmernummer gefragt, doch Kaffee kann ich hier keinen ordern. „Können Sie sich selbst holen“, ist die plumpe Antwort. Das Frühstücksbüfett stellt sich dann als schlicht und überschaubar dar, der Obstsalat ist Standard, die weitere Auswahl ebenfalls. Ehrlicherweise habe ich nach einem kleinen Rundgang keinen Hunger. Das kann man deutlich besser machen.
Ausgeruht, aber hungrig heißt es für mich nun Abschied nehmen. Diesmal mit keinem weinenden Auge, denn von einer Curio Collection Hilton-Location habe ich mir deutlich mehr erwartet.
Plus: Highclass-Rooftop-Bar, super Gym, schön gestaltete öffentliche Bereiche mit Lounge
Minus: Liebloses und ungemütliches Zimmer, unaufmerksames Personal, schlechte Check-in- und Frühstücks-Experience, wenig Auge fürs Detail
Raths Reiserating (aktuelle Wertung gefettet):
1. Ausdrückliche Reisewarnung
2. Besser als unter der Brücke
3. So lala, nicht oh, là, là
4. Meckern auf hohem Niveau
5. Wenn’s nur immer so wäre
6. Ganz großes Kino
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